Digitalisierung als logische Fortentwicklung des (Finanz-)kapitalismus

Kapitalismus ist effizient, wenn es um Produktivitätssteigerung geht. Digitalisierung ist der Königsweg dazu. Die heutige Aufbruchsstimmung im Technologiebereich erinnert an die Anfangsjahre des Internet. Aber es braucht die geldpolitischen Zutaten, um Technologien und Geschäftsmodelle in der Breite fortzuentwickeln.

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Der Dot-Com-Boom der 1990er Jahre hat gezeigt, wie eine wirtschaftliche Aufbruchsstimmung auch die Gesellschaft verändern kann. Beinahe wie in den 1968er Jahren, als eine ganze Generation gegen althergebrachte Strukturen rebellierte, revolutionieren heute neue Geschäftsmodelle rund um die Digitalisierung nicht nur die Wirtschaft, sondern auch ganze Gesellschaften. Globalisierung, wie wir sie kennen, ist ohne Internet nicht vorstellbar. Die Avatare unter den neuen digitalen Technologien heißen Plattformen, Big Data, Künstliche Intelligenz, 3D-Druck, Robotik, Blockchain und das Internet der Dinge.

Aber es wäre naiv, derartige Umbrüche nur aus der Brille der gesellschaftlichen Umwälzung oder der technologischen Veränderung zu sehen. Datenschutz, staatliche Überwachung und Arbeitnehmerschutz sind ebenso gewissermaßen Begleitmusik tieferliegender Trends wie Deregulierung, Wutgesellschaft und das Streben nach Unabhängigkeit einer digitalen Aufsteiger-Generation. Nur wer die digitale Revolution als Folge der Geschichte des Kapitalismus seit dem Ende des zweiten Weltkriegs begreift, blickt tief genug, um zu verstehen, wohin die Reise gehen könnte. Denn die jüngere Wirtschaftsgeschichte des Kapitalismus, der Finanzmärkte und der digitalen Technologien sind eng miteinander verbunden. Große Technologiefirmen muss man ebenso wie Start-Ups als wirtschaftliche Akteure in einem kapitalistischen Umfeld verstehen. Dieses verändert zwar sein Gesicht, nicht aber seinen Charakter. Es geht immer noch um Wachstum, Profit und Besitz. Und genau darum tritt zurzeit die Digitalisierung ihren Siegeszug an, der unsere Gesellschaften bereits heute nachhaltig verändert.

Die sinkende Profitabilität der Produktion liegt im Wesen des Kapitalismus

Seit es die klassische “kapitalistische” Produktionsmethode als Resultat der Industriellen Revolution gibt, kämpfen vereinfacht dargestellt einerseits die “Kapitalistenklasse” und die “Arbeiterklasse”, andererseits die Kapitalisten untereinander um einen möglichst großen Anteil an einem beständig wachsenden Kuchen. Dieser Wettbewerb treibt die Produktionskosten ständig nach unten und dasselbe gilt für die Gewinnspannen. Der Klassenkampf führte nach den anfänglichen Exzessen des Frühkapitalismus schließlich zur Gründung von Gewerkschaften. Der Kampf um Marktanteile wiederum trieb die Innovationsspirale immer schneller voran. Innovation bedeutete nicht nur Produkt- und Prozessinnovation, sondern schließlich auch die Innovation von Geschäftsmodellen und damit auch von Supply-Chains, durchaus auch im Sinne von internationalem Leistungsaustausch und Outsourcing.

Nach dem zweiten Weltkrieg lagen sowohl Europa als auch Japan in Schutt und Asche. Der amerikanische Industriekapitalismus, zunächst nach fordistischer Prägung (Massenfertigung und Arbeitsorganisation im Sinne des Taylorismus), später konsumorientiert und nach Marken differenziert, trat seinen Siegeszug an. Aber sowohl Japan als auch Deutschland holten aus unterschiedlichen Gründen schnell auf. Die Profitabilität der amerikanischen Industrie nahm bereits in den 1960er Jahren stark ab, als deutsche und japanische Unternehmen günstiger produzieren konnten als Corporate America. Die Profitabilitätskrise der amerikanischen Industrie wurde schließlich durch zahlreiche Wechselkursanpassungen nach Europa und Japan verschoben. Die weltweite Profitabilitätskrise der 1970er Jahre nahm dadurch ihren Anfang. Der rasante Anstieg der Ölpreise in den 1970er Jahren erhöhte die Rohstoffkosten und verschärfte diese Situation noch. Rohstoffpreisgetriebene Inflation bei gleichzeitiger Ertragsschwäche der Unternehmen war die Folge. Gleichzeitig führten die plötzlichen Handelsbilanzüberschüsse der OPEC-Länder zu einer Geldschwemme durch Petrodollar, die im Westen nach Anlagemöglichkeiten suchten. Die Unterbewertung des japanischen Yen verschärfte die Profitabilitätskrise im Westen weiter. Das damals quasi staatskapitalistische japanische Wirtschaftssystem befeuerte die massive Erhöhung der Produktionskapazitäten durch Niedrigzinsen und kurbelte die Exporte mit Niedrigpreisen an, die durch das hohe innerjapanische Preisniveau quersubventioniert wurden. Sowohl Petrodollar als auch japanische Kapitalexporte trieben die Assetpreise trotz sinkender Renditen in die Höhe.

Stagflation war in Amerika und Europa die Folge eines in die Jahre gekommenen klassischen Keynesianismus, der unter diesen Bedingungen immer schlechter seine Aufgabe als Instrument der wirtschaftspolitischen Feinsteuerung erfüllen konnte. Dem amerikanischen Notenbankchef Paul Volcker gelang mit einer radikalen Straffung der Geldpolitik (Leitzinserhöhung auf bis zu 20%) Ende der 1970er Jahre die Wende im Bereich der Asset-Price-Inflation. Dies geschah allerdings um den Preis einer Rezession, die den demokratischen Präsidenten Jimmy Carter die Wiederwahl kostete. Damit war der Weg frei für den Republikaner Ronald Reagan, der mit einer radikalen Deregulierung das Wachstum, aber auch den Wettbewerb kräftig ankurbelte. Die Stunde der Finanzindustrie war gekommen. Die Deregulierung der 1980er Jahre ließ die Finanzbranche kräftig wachsen und leitete eine nachhaltige Verschiebung der Relation des Finanzsektors zur Realwirtschaft ein. Dies stellte letztlich auch den Treibstoff bereit, der die Digitalisierung in allen Winkeln unserer Gesellschaft vorantrieb.

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Die westlichen Industrienationen blickten ungläubig nach Japan, wo das Wachstum scheinbar keine Grenzen kannte. Und dort stand das Toyota-Modell für eine neue Art der industriellen Produktion. Der gesamte industrielle Prozess war extrem schlank organisiert, Produktionsprozesse sollten maximal gestrafft werden. Lean Management traf auf Just-In-Time-Fertigung. Die Konzentration auf die Kernkompetenzen verlangte es, alles nicht unbedingt Notwendige im Rahmen eines neuartigen Supply Chain Management auszulagern. Dies verlangte immer leistungsfähigere Softwarelösungen und eine Perfektionierung der Ablauforganisation. Der für Japan typische radikale Qualitätsanspruch und die Kundenorientierung verlangte eine Abkehr von der reinen Massenproduktion. Maßgeschneiderte, auf die Kundenwünsche zugeschnittene Produkte erhöhten die Komplexität. Die Erneuerung westlicher Geschäftsmodelle führte zu einem weiteren Produktivitätsschub, der aber die Profitabilität der Industrie nicht nachhaltig verbessern konnte. Denn schon standen die Tigerstaaten Korea, Taiwan, Singapur und auch Hongkong bereit, weitere Preissenkungen zu erzwingen. Und seit Mitte der 1980er Jahre war es auch China, das zu einem mächtigen Wettbewerber heranwuchs. Aber Outsourcing betraf nicht mehr nur die Fertigung über verlängerte Werkbänke. Auch verlagerbare Dienstleistungen wanderten zunehmend ab, beispielsweise nach Indien. Treibende Kraft war die Notwendigkeit, Kosten zu senken, um die Profitabilität zu erhalten. Geringere Sozialleistungen, flexiblere Beschäftigungsverhältnisse, niedrigere Löhne und erhöhter Managementdruck waren die Begleiterscheinungen für die Arbeitnehmer.

Ergebnis dieser Entwicklungen waren andauernder internationaler Wettbewerb, Überkapazitäten und Preisdruck. Die sinkende Profitabilität der Industrie setzte auch den Gewerkschaften zu, die mit der Deregulierung und dem Outsourcing zu kämpfen hatten. So stagnierten auch die Arbeitnehmereinkommen zunehmend, während sie nach dem zweiten Weltkrieg bis zu Beginn der 1970er Jahre zusammen mit dem allgemeinen Aufschwung kräftig gewachsen waren. Nachdem die reale Kaufkraft kaum mehr zunahm, stieg die Preissensibilität der Konsumenten. “Geiz ist geil” wurde zur Devise.

Die-Dotcom-Blase sollte Abhilfe schaffen

Mitte der 1990er Jahre schließlich kam ausgehend vom Silicon Valley auch in Europa neue Hoffnung auf. Das Internet sollte alles revolutionieren. Die “New Economy” war geboren. Die Kommerzialisierung des Internet wurde aber erst durch eine Geldpolitik und damit zusammenhängende Finanzspekulationen ermöglicht, die gigantische Investitionen in die digitale Infrastruktur auslösten. Am Höhepunkt der Dotcom-Blase im Jahr 2000 lagen Investitionen in Computer, Periphiegeräte und Software bei sagenhaften 412,8 Mrd. US-Dollar, ein Wert, der seither nie wieder erreicht wurde. In Ländern mit niedrigem Nationaleinkommen floss in den 1990er Jahren der Großteil der ausländischen Direktinvestionen in den Telekommunikationssektor. Gewaltige Summen flossen in Glasfaserkabel, Software, Netzwerke und Datenbanken, also in jene Infrastruktur, von der wir noch heute zehren.

Finanzseitig wurde dies alles möglich, weil Wachstumshoffnungen über Profitabilität gingen. Unternehmen wurden nach Klickraten, nicht nach deren Cashflows bewertet. Grundsätze, die auch heute wieder zu hören sind, dominierten das Denken der Investoren: “The winner takes it all” und “First Mover Advantage” waren gängige Paradigma. Man dachte: “Wenn es nicht gelingt, im Internet eine Monopolstellung zu erlangen, dann hat man keine Chance”. Unternehmen wie Amazon haben schließlich später gezeigt, dass diese Überlegungen durchaus reale Bezüge aufwiesen. “Wachstum vor Profit” prägte das Denken. Auch die Realwirtschaft musste dem Tribut zollen. Die größte fehlgeschlagene Fusion aller Zeiten, der Merger des Mediengiganten Time Warner mit dem Internetportal America Online, vernichtete gewaltige Kapitalmengen.

Der Börsenboom der Technologiebranche löste sich zunehmend von der Realwirtschaft. Das Schaffen von vielleicht auch nur fiktiven, zukünftigen “Werten” trat vor das Streben nach Profitabilität. Auch das traf die klassischen Industrien hart, die das Tempo der Veränderung naturgemäß nicht halten konnten. Aber das anlagesuchende Kapital floss buchstäblich in die Phantasie des Internet. Ich erlebte all dies hautnah. Damals hatte ich sowohl einen Venture-Capital-Fonds als auch einen Private-Equity-Fonds mitbegründet. Die Welt war aus den Fugen!

Als sich 1998 die Ostasienkrise gefährlich zuspitzte und sich der Boom in den USA abschwächte, senkte die amerikanische Notenbank in mehreren Schritten die Zinsen. Es war das erklärte Ziel, mittels einer lockeren Geldpolitik den Aufschwung der Aktienmärkte in Gang zu halten. Der auf der Bewertung von Assets basierende nominale Wohlstand von Unternehmen und Haushalten sollte Investitionen und Konsum auf hohem Niveau halten. Der damalige Chef der US-Notenbank Alan Greenspan sprach zwar 1996 von “irrational exuberance”, stoppen wollte er diesen Überschwang aber nicht. Zumal die Clinton-Administration den amerikanischen Haushalt konsolidieren wollte und eine expansive Fiskalpolitik nicht in Frage kam. Der Vermögenspreis-Keynesianismus sollte Wohlstand sichern, auch wenn der internationalisierte kapitalistische Wettbewerb die Profitabilität der Realwirtschaft weiter einschränkte. Er zielte darauf ab, Stimuli über die Geldpolitik zu liefern, auch wenn die Fiskalpolitik aufgrund der hohen Staatsverschuldung gegenläufig agieren musste. Die angestrebte “Asset-Price-Inflation” im Dotcom-Bereich brach schließlich in den Jahren 2000/01 in sich zusammen, die Blase platzte. Dennoch legte diese Phase das Fundament für die heutige digitale Revolution.

Die große Krise der Jahre 2008/09 verstärkte den geldpolitischen Trend

Als Folge des Platzens der Dotcom-Blase und der Anschläge vom 11.September 2001 setzte sich die Niedrigzinspolitik fort. Anstatt der geplatzten Techassets traten nun aber Immobilienassets in den Mittelpunkt des Interesses der Investoren. Niedrige Hypothekenzinsen und eine neue Finanztechnik, die Verbriefung von Hypothekarschulden mündeten schließlich in der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren. Nun war eine noch expansivere Geldpolitik gefragt und fand auch statt. Das Gegensteuern der Staaten trieb die Staatsverschuldung in den Industriestaaten in noch nie dagewesene Höhen. In Europa folgte schließlich die Eurokrise, welche auch die EZB schließlich zwang, den durch Japan und die USA vorgezeichneten Weg des Quantitative Easing zu beschreiten. Der Ankauf von Finanzinstrumenten durch die Notenbanken sollte zur sogenannten “Portfolioarbitrage” führen, also dem Absinken der Renditen auch anderer Assetklassen bei gleichzeitigem Ansteigen der Assetpreise. Dies ist auch weitgehend geglückt, auch wenn viele – vor allem in Deutschland – darüber gar nicht glücklich sind. Wieder einmal steht die Entwicklung von Aktienkursen, dargestellt als die Erarbeitung künftiger Potenziale, im Mittelpunkt des Interesses. Die Profitabilität hat Nachrang. Und diese künftigen Potenziale zeichnen sich – wer würde sich wundern – wieder einmal im Techbereich ab. Die Digitalisierung tritt in eine neue Phase ihrer Entwicklung – getrieben nicht zuletzt von der Profitabilitätsschwäche klassischer Industrien und der Dynamik der Finanzmärkte.

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